Wer … absichtlich (dolus directus 1. Grades) … oder wissentlich (dolus directus 2. Grades)… ganz … oder zum Teil … vereitelt, dass … ein anderer … dem Strafgesetz gemäß wegen einer rechtswidrigen Tat bestraft wird, … wird bestraft.
(Vgl. Strafgesetzbuch § 258 Abs. 1 Strafvereitelung)
I. Tatbestand
i) Objektiver Tatbestand
„Eine Strafverfolgungsvereitelung gemäß § 258 Abs. 1 StGB begeht, wer absichtlich oder wissentlich ganz oder zum Teil vereitelt, dass ein anderer einem Strafgesetz entsprechend wegen einer rechtswidrigen Tat iSd § 11 Abs. 1 Nr. 5 StGB bestraft wird.“ (Wessels et al, 44. A., 2020, Rn. 702) Den Straftatbestand der Strafvereitelung nach § 258 StGB kann jedermann erfüllen.
Die Strafvereitelung ist eine Form der persönlichen Begünstigung. Es handelt sich um eine Straftat gegen die Allgemeinheit. (Vgl. Rengier, 15. A., 2013, § 21 Rn. 1) Geschützte Rechtsgüter des § 258 StGB sind die staatliche Rechtspflege und die Durchsetzung der Strafgesetzgebung verbunden mit der von ihr ausgehenden Präventionswirkung. (Vgl. BGHSt 45, 97, 101)
Die Vereitelungshandlung muss sich auf eine Vortat beziehen, deren Bestrafung durch Behinderung der staatlichen Rechtspflege verhindert werden soll. (Vgl. Wessels et al, 44. A., 2020, Rn. 702) „Das Vereiteln muss in seiner Art und Zielsetzung nach darauf ausgerichtet sein, die Realisierung des in § 258 Abs. 1 StGB umschriebenen Ahndungsrechts durch Besserstellung des Vortäters ganz oder teilweise zu verhindern.“ (Wessels et al, 44. A., 2020, Rn. 706)
„Die Tathandlung des Vereitelns kann in einem Tun oder, soweit eine besondere Rechtspflicht zum Tätigwerden iS des § 13 StGB existiert, auch in einem Unterlassen bestehen.“ (Wessels et al, 44. A., 2020, Rn. 705) Eine Strafvereitelung durch Unterlassen liegt vor, wenn eine einschlägige Garantenstellung mit daraus erwachsender Garantenpflicht sowie die Möglichkeit und Zumutbarkeit der Vornahme einer konkreten Handlung besteht. (Vgl. Krey et al, 16. A., 2015, Rn. 850)
Die versuchte Strafvereitelung ist strafbar. Ein Versuch liegt vor, wenn der Täter zu der auf Herbeiführung des Vereitelungserfolges gerichteten Handlung unmittelbar ansetzt. Tritt der Täter vor Verwirklichung der Strafvereitelung zurück, bleibt er straffrei. (vgl. Wessels et al, 44. A., 2020, Rn. 700, 710)
„Vollendet ist die Tat mit Eintritt des Vereitelungserfolges. Dazu kommt es [bereits], wenn das strafrechtlich begründete Ahndungsrecht ganz oder teilweise für geraume Zeit nicht verwirklicht worden ist. Es genügt somit, dass der Begünstigte besser gestellt worden ist und dass die Strafe erst später, als dies sonst möglich gewesen wäre, verhängt oder vollstreckt wird.“ (Wessels et al, 44. A., 2020, Rn. 708)
Eine Teilvereitelung ist gegeben, wenn die Tat bewirkt, dass die Strafe milder als den wahren Umständen entsprechend ausfällt.“ (Wessels et al, 44. A., 2020, Rn. 708)
Das Gericht, das über eine Strafverfolgungsvereitelung befindet, muss die Begehung der Vortat nebst allen ihren Voraussetzungen selbständig prüfen und ist dabei nicht an die Entscheidungen anderer Gerichte über die Vortat gebunden. (Vgl. Wessels et al, 44. A., 2020, Rn. 703)
Der Straftatbestand der Vereitelung ist nur erfüllt, wenn der Vortäter schuldhaft gehandelt hat und keine Strafausschließungs- oder Strafaufhebungsgründe eingreifen oder ein endgültiges Strafverfolgungshindernis eingetreten ist. (Vgl. Wessels et al, 44. A., 2020, Rn. 704)
ii) Subjektiver Tatbestand
Der subjektive Tatbestand der Strafvereitelung ist erfüllt, wenn der Täter durch sein Handeln oder Unterlassen absichtlich (dolus directus 1) oder wissentlich (dolus directus 2) die Besserstellung des Vortäters erstrebt oder als sichere Folge seines Verhaltens voraussetzt. Absichtlich handelt, wer die Besserstellung eines Vortäters anstrebt. Wissentlich handelt, wer weiß, dass durch sein Tun oder Unterlassen, ein anderer wegen einer Vortat nicht bestraft wird. Hinsichtlich der Vortat genügt dagegen Eventualvorsatz, wobei es präziser Einzelkenntnisse nicht bedarf. (Vgl. Wessels et al, 44. A., 2020, Rn. 711)
II. Rechtswidrigkeit
Allgemeine Grundsätze: Siehe Abschnitt Rechtswidrigkeit unter Straftat.
III. Schuld
Allgemeine Grundsätze: Siehe Abschnitt Schuld unter Straftat.
IV. Persönliche Ausschließungsgründe
Die Tat muss zu Gunsten eines anderen begangen werden. Wer nur sich selbst oder einen Angehörigen vor Strafverfolgung schützt, bleibt gemäß § 258 Abs. 5 bzw Abs. 6 StGB straffrei (Vgl. Wessels et al, 44. A., 2020, Rn. 700)
Wer … als Amtsträger … zur Mitwirkung bei einem Strafverfahren … berufen ist …
(§ 258a Strafvereitelung im Amt)
I. Tatbestand
i) Objektiver Tatbestand
Den Straftatbestand der Strafvereitelung als Amtsträger (qualifizierendes Merkmal des 258a) kann nur erfüllen, wer zur Mitwirkung bei einem Strafverfahren berufen ist. Als Täter kommen beispielsweise Staatsanwälte und Strafrichter in Betracht. „Amtsträger, die im konkreten Fall keine Funktion haben, können nur gemäß § 258 StGB bestraft werden.“ (Wessels et al, 44. A., 2020, Rn. 719)
Geschütztes Rechtsgut des § 258a StGB ist das Legalitätsprinzip. Das Legalitätsprinzip verpflichtet Polizei (§ 163 StPO) und Staatsanwaltschaft (§§ 152 Abs. 2, 160, 170 Abs. 1 StPO) bei zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkten für eine Straftat Ermittlungen aufzunehmen. Dieser Personenkreis erfüllt eine Garantenstellung im Sinne des § 13 StGB (Begehen durch Unterlassen, wer rechtlich dafür einzustehen hat, dass der Erfolg eines Straftatbestands verhindert wird).